Subsistenz statt Exploitation
Eine neue Front spaltet Europa.
Scheinbar scheint diese zwischen der sparsamen, schwäbischen Hausfrau und dem verlogenen, faulen Griechen zu sein. Doch bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß diese beiden Klischees aus Lügen erwachsen sind und in vielerlei Hinsicht rein gar nichts mit der Realität zu tun haben. Es wird Zeit, uns genauer anzuschauen, in welche Richtung wir uns entwickeln wollen.
„Schaffe, schaffe, Häusle baue!“ Zumindest das in unseren Köpfen damit verbundene Bild vom eigenen Heim ist ein Mythos. Tatsächlich gehört Deutschland (ebenso wie die Schweiz und Österreich) beim Eigenheimbesitz zum Schlußlicht in Europa. Das nebenstehende Bild zur Wohneigentumsquote in Europa zeigt das deutlich. Nein, dies soll keine Ressentiments schüren sondern Vorurteile aufdecken. Denn die Ursachen für diese Realität und für den Mythos entlarven noch fatalere Mißverständnisse.
Ein Nachteil nationaler Vergleiche von Durchschnittswerten ist (neben dem Schüren nationalistischer Tendenzen), die Vernachlässigung von Unterschieden innerhalb eines Landes. Und hier zeigt sich: Deutschland ist eines der Länder mit der größten Vermögensungleichheit mit steigender Ungerechtigkeitstendenz.
Ein Grund dafür ist die langjährige Niedriglohnpolitik (siehe Grafik links), auf der die deutschen Exportrekorde beruhen. Doch Exportüberschüsse machen nie die Menschen sondern immer nur die Konzerne reich.
Warum aber opfern sich die Deutschen so bereitwillig ohne entsprechende finanzielle Wertschätzung für die Firma? Sind das die deutschen Tugenden? Oder nur die Ausbeutung ebendieser? Vielleicht auch die unbarmherzige Regel: Der Sieger bekommt alles. Und das obwohl die beiden großen Parteien christlich oder sozial (oder gar beides) sein wollen.
Immer mehr stellt sich die Frage, ob Deutschland wirklich das Land ist, an dem sich Europa orientieren sollte.
Aber wie machen das die armen Südländer? Wie können die sich ein Haus leisten? Zum einen liegt das sicher daran, daß diese Häuser oft welche sind, die bei uns verschwenderisch abgerissen würden, um Platz für einen Neubau zu machen. In Anbetracht von Ressourcenknappheit und CO2-Bilanzen ist der Erhalt alter Häuser auf jeden Fall besser.
Andererseits drängt die Not im Süden auch zu einer Wirtschaftsform, die in der gängigen Wirtschaftsdebatte meist vollkommen ignoriert wird: Subsistenzwirtschaft, die eigentlich die Hälfte der weltweiten Produktivität ausmacht und unzählige ökologische Vorteile gegenüber „Schäubles Wirtschaft“ hat.
Mit welcher Ignoranz die vermeintlichen Wirtschaftsexperten des „deutschen Lagers“ so tatsächliche Verhandlungen über die griechische und europäische Zukunft verhindern, zeigt immer mehr, daß aus umwelt-, sozial- und kulturpolitischer Sicht ein Dexit wohl sinnvoller als ein Grexit wäre.
Einige demokratiepolitische Aspekte dazu haben wir ja schon im Friedensturm behandelt. Die Solidarität & Menschlichkeit vieler Griechen, mit der sie sich nicht nur gegenseitig sondern auch den vielen schutzsuchenden Flüchtlingen helfen, sei dennoch nochmal erwähnt. Dies entspricht viel mehr den europäischen Werten als unsere schamlose Ausgrenzungspolitik.
Doch wenn wir uns dem Geist Europas entsprechend von destruktiven Nationalismen verabschieden und Finanzminister versus OXI-Stimmen gegen weitere Austerität mit Blick auf die Altersstruktur vergleichen, fällt noch ein weiterer augenscheinlicher Unterschied auf. Könnte es sich hier um einen Generationenkonflikt handeln?
„Die sollen mal arbeiten, bevor sie fordern!“ Abgesehen von einem veralteten Arbeits-Begriff, erinnert dieses Schimpfen der Alten auch an gefährlicherer Sprüche: „Wir brauchen einen neuen Krieg!“ Sowas kann leicht das Friedensprojekt EU zunichte machen.
Warum also nicht lieber mal Neues ausprobieren?
Und hier kann dieses so alte und so junge Griechenland tatsächlich ein Vorbild sein.
Deshalb: